Als Kind schnappte ich bei Familientreffen immer das Wort Landsmannschaftstreffen auf. Auf meine Nachfragen bekam ich nur die Antwort das hat was mit der alten Heimat zu tun.
Die Landsmannschaft war also für mich ein Buch mit sieben Sigeln und hörte sich geheimnisvoll für ein kleines Kind an.
Was machten die Erwachsenen da ? Ist das ein heimlicher Ritterorden ? Meine Fantasie stellte sich das alles so vor. Wo war die alte Heimat ? Geheimnissvolle Orte wie Illetschesti sagte meine Oma und präsentierte stolz ein Bild von einer alten Kirche
und wie schön das alles dort gewesen sein.
Die alte Heimat. Wollte dieser Orden die Heimat zurückerobern ? Ich sah meinen Großvater vor meinem geistigen Auge in Kettenhemd und mit Schwert. War ich vielleicht eine Prinzessin.
Schließlich sagte Muddel meine Urgroßmutter immer es waren goldene Zeiten in der alten Heimat.
Muddel hatte wirklich etwas majestätisches an sich. Diese kleine Person die gerade mal 1,20 Meter maß lebte im Hause meiner Großeltern. Doch sie regierte die Familie mit eisernem Zepter.
Bei den meisten unserer sonntäglichen Besuche kam sie in das Wohnzimmer meiner Großeltern, doch zwischendurch lud sie in ihr Zimmer ein, wie bei einer Königin in den Kronsaal. So kam es mir als Kind vor.
In Ihrem ordentlich gemachten Bett stapelten sich mühsam mit feinsten weißen Fäden umhäkelten und mit dünnen Goldfäden bestickten Zierkissen, die Matratzen waren doppelt so hoch wie bei uns "Normalsterblichen" Und die Tagesdecke war aus feinstem Brokat mit Goldfäden durchwebt. Man stelle sich vor wie ich als 5-6 jährige natürlich staunend im Zimmer stand und mich nicht traute etwas anzufassen.
Gereicht wurden für die Älteren dann Bier und Wein aus kristallenen Gläsern und wir Kinder bekamen aus hauchdünnen mit Goldrand verzierten Likörgläsern Danziger Goldwasser. Ja ihr hört richtig Danziger Goldwasser als 5-jährige. Aber die "Audienzen" waren ja auch nicht alltäglich :) (bei der Schwester meiner Oma durften wir immerhin wählen zwischen Bier, Eierlikör und Danziger Goldwasser - sie war so sparsam und hatte nichts anderes im Haus und wollte uns das Hahnenwasser nicht geben das sie immer trank)
So war es für mich natürlich eine mystische Familiengeschichte aus diesem mir als Kind unbekanntem Ort und Geschichten aus goldenen Zeiten.
Kein Wunder das ich dachte diese Landsmannschaft sei ein Geheimorden :)
Man stelle sich meine Verblüffung vor als ich auf einmal feststellte das meine Vorfahren allesamt "Bauern und Korbflechter" von Beruf waren.
Schließlich gab es auch ein Wappen bei Muddel im Zimmer zu bestaunen.
Jawoll, klein Armida dachte irrtümlich das sei vielleicht das königliche Familienwappen :)
So kann man sich täuschen.
Nichtsdestotrotz auch nachdem ich die Wahrheit erfahren habe war ich immer noch an der Familiengeschichte interessiert und bin es heute noch. Ist euch scho nmal aufgefallen das die eigenen Großeltern nie etwas vom Krieg erzählen sondern immer nur die anderen?
Auf einem Geburtstag meiner Oma (da war ich aber schon älter) erzählte eine gute Freundin dann von ihr viele Geschichten aus dem Krieg, so erfuhr ich das meine Großmutter ursprünglich meinen Opa nur geheiratet hatte um nicht zum Kriegsdienst zu müssen, mein Opa 5 Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft war und alle den ganzen Weg zu Fuß nach Karlsruhe gekommen sind.
Nachts wurden die jungen Frauen in Teppiche eingerollt versteckt vor den Vergewaltigungen der Russen und ähnliche Geschichten.
Ich erfuhr das mein Großvater durch einen Bombensplitter das Glasauge bekam.
Aber der Hausschutzbrief den die Frauen meiner Generation alle haben sobald sie einen eigenen Hausstand gründen der wurde all die Jahre bewahrt und ich habe sogar noch einen bekommen den Muddel mühsam 10x von Hand abgeschrieben hatte.
Man stelle sich vor 18 Std und 12 Minuten mit dem PKW - 1.681 km ist meine Großmutter gelaufen mit einem kleinen Baby (meiner Mutter)
Und wurde wohl in Karlsruhe nicht besonders herzlich empfangen. Beide oberen Bilder stammen von hier http://www.hbg.ka.bw.schule.de/publikat/ka45/docs/zeittafel.html
Das Wappen und die Karte stammen von hier http://de.wikipedia.org/wiki/Bukowina
Die Kirche habe ich von dem Originalbild das bei meiner Oma hängt abfotografiert.
Liebe Grüße
Armida
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Ich freue mich über jeden Eurer Kommentare wie ein Schneekönig also nichts wie ran an die Tasten.